Freitag, 15. Juli 2016

Flüchtlingschaos stoppen!?

Die Grenzen dicht machen, die Festung Europa ausrufen und bis aufs Blut verteidigen? Bisherige Migranten mit allen zur Verfügung stehenden Transportmitteln zurück oder einfach nur weg verbringen?
Die entschiedene Antwort muss hier Nein lauten. Der Begriff Flüchtlingschaos soll in diesem Beitrag nicht im Sinne der negativen Konnotationen bezüglich einer schier endlosen Zahl von Migranten aus aller Herren Länder, die zur eigenen Bereicherung den Weg ins gelobte Land auf sich nehmen, verwendet werden. Vielmehr muss sich tiefgreifender mit einer weiteren Perspektive beschäftigt werden – der Wiederaufbau zerfallener Gesellschaften.

Der Krieg in Syrien, Naturkatastrophen oder schlichte Misswirtschaft und Perspektivlosigkeit in Herkunftsländern sorgen für ein Ausbluten der unterschiedlichen Gesellschaften. Das äußert sich auf unterschiedlichste Weisen. Im Fokus dabei stehen jedoch maßgeblich zwei Faktoren – einerseits der Brain-Drain, also das Abwandern qualifizierter beziehungsweise talentierter Menschen, andererseits die verlorene Generation, die ihre Jugend in den Wirren von Konflikten und Flucht verbringt, anstelle ausgebildet und sozialisiert zu werden.
Diese beiden beiden Faktoren werden zwangsläufig dazu führen, dass die betroffenen Regionen in einer Krisenlage verhaftet bleiben, selbst wenn es gelingen sollte, diverse Krisen einzudämmen oder gar zu beseitigen.


In Deutschland und Europa versteift man sich zusehends darauf, Flüchtlinge zum einen in die Gesellschaft zu integrieren und zum anderen aber ihnen überhaupt erst die Ankunft zu verwehren. Chaos und negative Auswirkungen werden zunächst nur kurzfristig auf das aufzunehmende Land in Form von Sozialkosten, kulturelle Auseinandersetzungen sowie Einfluss auf die Kriminalitätsstatistiken verknüpft. Auch die Geldsummen, die aufgewandt werden müssen, um die Flüchtlinge zu unterhalten, sorgen für erhebliche Bedenken. Unlängst hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am Anfang des Jahres Kosten von rund 50 Milliarden Euro bis Ende 2017 für den Staat prognostiziert, davon ausgehend dass über zwei Millionen Asylsuchende in der Bundesrepublik Zuflucht suchen. Die Folgekosten einer verfehlten Politik jedoch werden sich nicht nur zu diesen aufaddieren, sondern vielmehr ein ungleiches höher sein, als unmittelbar andere Lösungsansätze zu verfolgen.


Der wohl wichtigste Schlüssel zur Zukunft ist Bildung und Qualifikation. Das betrifft alle Anteile innerhalb des Gemeinschaftslebens. Die Wirtschaft, gerade in den hochgradig globalisierten und vernetzten Wirtschaftssystemen, bedarf eines umfangreichen Wissens. Das umfasst über das rein technische Verständnis über Produktionssysteme, betriebswirtschaftlichen Kalkulationen und Strukturen auch Prinzipien der Menschenführung. Dieser Punkt führt weiter zur sozialen Herausforderung. Eine moderne Gesellschaft kann nur schwer über Eliten, die maßgeblich durch Kriegserfahrungen geprägt wurden, aufgebaut werden. Die derzeitigen Anforderungen an eine Gesellschaft sehen neben autoritären Elementen, die entgegen eines allgegenwärtigen Paradigmas, ja Dogmas der Unfehlbarkeit und Universalität der Demokratie als Herrschafts- und Gesellschaftsform immer noch weit verbreitet als auch nicht zu unterschätzen oder per se als anachronistisch zu verwerfen sind, auch Formen der Teilhabe vor. Die Ansicht, ein autoritäres und oder autokratisches System schließe aus dem Selbstverständnis heraus eine Teilhabe der einzelnen Bürger aus, muss nicht stimmig sein. Als ein Beispiel hierfür kann der südostasiatische Stadtstaat Singapur angeführt werden. Hier herrscht ein marktwirtschaftliches System unter einer starken politischen Kontrolle vor. Um ähnliches zu ermöglichen, bedarf es des grundlegenden Verständnisses von Marktwirtschaft, Organisationsformen und Interessenformulierung.
Auch das politische System selbst darf nicht vernachlässigt werden. Wiederum muss hier der Verweis erfolgen, dass nicht zwangsläufig ein parlamentarisches Demokratiemodell entstehen muss. Hierfür fehlt ohnehin oftmals die kulturelle Verankerung. Dennoch muss auch die Arbeitsweise von Exekutive und Judikative bedacht werden. Die Verwaltung des öffentlichen Lebens funktioniert nicht aus dem Stegreif. Ohne das Fachwissen über Administration kann kein effektives Staatswesen erwachsen.
Auch der Aspekt der Rechtsstaatlichkeit oder zumindest einer funktionierenden Rechtsprechung darf nicht aus dem Blick geraten. Genau dieser Aspekt ist Basis für die Aufarbeitung von Konflikten. Weitergehend sorgt er für die Grundlage wirtschaftlichen Wachstums im Sinne einer marktwirtschaftlichen Entwicklung.


Doch wie werden diese Pfeiler einer Gesellschaft, die sich in der Diaspora befindet, errichtet? Als ersten Schritt müssen feste Infrastrukturen geschaffen werden, sichere Rückzugsorte, die militärisch geschützt und in Hinblick auf die innere Ordnung polizeilich organisiert werden. Geografisch macht es durchaus Sinn, diese Nahe der Heimatregionen der Flüchtlinge zu implementieren. Hierdurch können lange und gefährliche Fluchtwege vermieden werden.
Weiterführend müssen die Flüchtlinge die gesellschaftliche und vor allen ökonomische Organisation vor Ort überwiegend, unter Hilfestellungen sowie Anleitung, selbstständig übernehmen. Dabei müssen nach Möglichkeit alle Aspekte des Lebens abgebildet werden. Unterschiedliche Wirtschaftszweige beziehungsweise -sektoren, vom Primär- zum Quintärsektor (Urproduktion, Industrie, Dienstleistung, Information, Entsorgung), führen dabei entlang wichtiger gesellschaftlicher Bestandteile. Die Flüchtlinge müssen befähigt werden, sich untereinander ausbilden zu können. Ihnen muss der kreative Umgang mit Ressourcen ermöglicht werden. Sie müssen am Aufbau der Infrastruktur beteiligt werden. Schlichtweg bedarf es einer zukunftsorientierten Perspektive, die auch wieder zurück in die Heimat führen kann.
Dabei darf die Verantwortung nicht bei den Aufnahmestaaten alleine liegen. Diese sind bereits jetzt durch die hohe Anzahl von Asylsuchenden überlastet. Die jeweiligen Volkswirtschaften bieten kaum genügend Wohnraum oder Ressourcen. Unter der Flagge der Vereinten Nationen müssen unter der überwiegenden Unterstützung der Industriestaaten in Hinblick auf die Bereitstellung von Know-How, militärischen Kräften und materiellen Ressourcen solche Flüchtlingsstädte aufgebaut werden.


Durchaus muss man sich dennoch bewusst sein, dass dieser Ansatz in seiner Umsetzung sehr schwer durchzuführen sein würde. Alleine die Bestimmung von geeigneten und verfügbaren geografischen Lagen für solche Orte ist eine Herkulesaufgabe. Ebenso die Bereitwilligkeit, solche Projekte ambitioniert zu unterstützen, dürfte recht gering ausfallen, da der unmittelbare Nutzen nicht sichtbar dargestellt werden kann. Selbst die Entsendung von Personal wie Soldaten oder Entwicklungshelfer wird kaum im notwendigen Maße sichergestellt werden können.
Dennoch erscheint ein Projekt von dieser Art eines Versuches wert.




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