Mittwoch, 27. Juli 2016

Die Vergessenen - Die verborgene Seite des US-Wahlkampfes

Der US-Vorwahlkampf fand seinen Abschluss in der Nominierung Clintons zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, bei der die Partei in ungewohnter Uneinigkeit den Streit zwischen Basis und Establishment zur Schau stellte. Oder auch nicht? Vom 04. bis zum 07. August kommt als letzte Partei die US-Grünen zusammen, um ihren Kandidaten zu küren. Im Fokus standen bisher nur die beiden großen Parteien, die intern zerstritten wie schon lange nicht mehr sind. Ihre Kandidaten versuchen sich in Unbeliebtheit zu übertreffen. Dennoch mussten die Demokraten und Republikaner Clinton und Trump aus Mangel an Möglichkeiten ins Rennen schicken.
Vergessen wurde dabei, zumindest in Europa, dass es neben den beiden großen auch noch zahlreiche kleinere Parteien gibt. Zwei von ihnen stellen sich auch dem Kampf um den Einzug ins Weiße Haus.



Die Libertäre Partei
Wie der Name schon zweifelsfrei verdeutlicht, treten die Libertären für einen Minimalstaat ein. Sie kämpfen für einen freien Markt. Individuelle Bürgerrechte, Selbstbestimmtheit und Freiheit in Selbstverantwortung sind ihre Leitprinzipien.
Was bedeutet das für die USA? Zunächst einmal die Abschaffung wohlfahrtsstaatlicher Institutionen, allen voran der Gesundheitsreform mit dem Spitznamen Obamacare, die in den USA schon fast sozialrevolutionär gelten kann. Des Weiteren würden die Kompetenzen der Exekutivkräfte erheblich eingeschränkt werden. Die Aufgaben der Polizei, Nationalgarde und des Militärs würden begrenzt. Aus dem Minimalstaatsprinzip ergeben sich enorme Einsparungen. Entsprechend würden auch die Steuersätze purzeln.
Bürger selbst sollen selbstbestimmt ihr Privatleben ausleben können. Die Homoehe, in den stark christlich geprägten USA ein dogmatischer Streitpunkt, wird befürwortet, ebenso wie Abtreibungen.
Ende Mai nominierten die Libertären wie bereits zur vorherigen Wahl Gary E. Johnson als Kandidat für die Präsidentschaftswahl. Unter den Republikanern stand er an der Spitze von New Mexico.


Die Grüne Partei
Auch in den USA gibt es eine ökologische Bewegung. Friede, Umwelt, soziale Gerechtigkeit und Demokratie sind die vier Leitprinzipien, die zu Grunde gelegt werden. Die Grünen fordern ein Ende US-amerikanischer Kriege und Interventionen. Die Bekämpfung des Klimawandels und die Umstellung auf erneuerbare Energien ist ein zentrales Anliegen der Partei. Der Ausbau des Sozialstaates, die Erhöhung und Ausweitung von Mindestlöhnen steht ebenso im Programm wie die Umgestaltung des Wahlsystems in den USA selbst, was eine staatliche Finanzierung der Wahlen vorsieht. Durchsetzten möchte das Jill Stein, deren Nominierung im August sehr wahrscheinlich ist. Zusammenfassend ähneln die Grünen auf der anderen Seite des Atlantiks ihrem deutschen Pendant.

Das Zünglein an der Waage
Obgleich den Kandidaten dieser Parteien kaum Aussichten auf Erfolg beschieden sein dürfte, werden sie wohl dennoch eine entscheidende Rolle einnehmen. Trump und Clinton sind dermaßen unbeliebt, dass zahlreiche Stimmen an die beiden Underdogs gehen könnten.
Dabei wird Johnson in den Gewässern der Republikaner fischen. Neben großer Bewunderung für den Immobilientycoon Trump gibt es hier auch sehr viele Kritiker. So werden dem Libertären Kandidaten inzwischen bis zu 10% der Wahlstimmen zugetraut.
Clintons Kritiker stehen vor allen auf der linken Seite. Bereits auf dem Parteikonvent gaben viele von ihnen zu verstehen, die ehemalige First Lady nicht zu unterstützen. Jill Stein könnte hier profitieren. Bisher konnte sie in einzelnen Bundesstaaten eine Zustimmung zwischen zwei und vier Prozent erringen. Nach dem Ausscheiden Bernie Sanders und des Eklats bei den Demokraten, bei dem die Parteiführung offenbar gegen den an der Basis beliebten Sozialisten gearbeitet hatte, könnte noch der eine oder andere Prozentpunkt mehr hinzukommen.
Geht man nun von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den Spitzenkandidaten der großen Parteien aus, kann jeder Stimmverlust schmerzen, gerade in den Swing-States, bei denen die Wahlen maßgeblich entschieden werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen