Als Konservativer hat man es in der Bundesrepublik wahrlich nicht
leicht. Die Sozialdemokratie hat gewonnen. Sie okkupierte sogar die
einstige konservative Partei CDU. In einem mehrteiligen Essay soll der Konflikt des konservativen Bürgers skizziert werden.
Die Parteienlandschaft
Die Christlich Demokratische Union hat unter ihrer
Parteivorsitzenden und amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel
sämtliches Profil eingebüßt. Ausweitung der Rentenansprüche, ein
Zickzackkurs in der Energiepolitik, die Aussetzung der Wehrpflicht,
Bildungspolitik als Versuchsfeld der Sozialpolitik, Aufgabe des
traditionellen Familienbildes und die Liste kann gewiss weitergeführt
werden. Einzig die solide Haushaltspolitik unter Wolfgang Schäuble
scheint als „schwarzer Kern“ unter dem Motto der „schwarzen
Null“ erhalten geblieben zu sein. Eisern verteidigt dieser seinen
Erfolg, obgleich viele Ressorts anlässlich der augenscheinlich
üppigen Finanzlage nahezu täglich ihren Wunschzettel erweitern.
Auch noch Teile der Europapolitik konnten bewahrt werden, obgleich
die CDU hier nicht einem politisch-ideologischem Dogma folgt, sondern
eher einem gewissen Funktionalismus zu gehorchen scheint. Das soll
heißen, Europa wird gelebt und verteidigt, weil es im Prinzip keine
andere Möglichkeit gibt.
Doch das alleine reicht dem Konservativen eben nicht. Er braucht
Verlässlichkeit, Ordnung, Struktur, einen ideologischen Leitfaden,
ein wenig Biedermeier Kultur.
Die Schwesterpartei Christlich Soziale Union ist da schon deutlich
mehr bemüht, das alte Stammklientel wenigstens anzusprechen. Dem
eigenen Parteiziel frei nach Franz Josef Strauß, dem Übervater der
CSU, rechts keiner anderen Partei Raum ins Establishment zu gewähren,
wird misslingen. Zwar sucht man händeringend um Stammtischparolen,
am besten noch vor der Ausrufung durch den sonstigen (Rechts-)
Populisten, dennoch scheint der rechte Rand sich auszuweiten.
Geschickt positioniert sich die CSU als Opposition in der Regierung.
Ein einheitlicher Kurs der eigentlich eng miteinander verbandelten
Unionsparteien ist immer weniger zu erkennen. Ebenso kühn schafft es
die CSU darüber hinaus, politische Fehlentscheidungen (oder
diejenigen, die als solche wahrgenommen werden), in andere Schuhe zu
schieben. Die FDP musste so zum Beispiel für die Senkung der
Mehrwertsteuern für Hotels nahezu alleine verantworten. Sie wurde
und wird dafür noch spöttisch als Mövenpick-Partei betituliert.
Nur die Christsozialen machten ebenso Wahlkampf und sammelten auch
von Baron von Finck (aus der Mövenpickgruppe) üppige Spenden ein.
Vom Betreuungsgeld, das einst Glanzstück bayrischer Familienpolitik
war, spricht heute kaum noch jemand. Unbeschadet schafft sich die
Partei beziehungsweise ihr Vorsitzender durch den politischen
Betrieb. Gewiss eine interessante Wahlmöglichkeit, jedoch nur im Land des Hefeweizen und der Weißwürste. Entgegen diverser Planspiele der Parteiführung wird sich daran auch nichts ändern.
Schaut man nun zu diesem Rand, tummeln sich ein paar
Schmuddelkinder der Demokratie. Da laviert die NPD, seit der
Einverleibung der DVU noch mit dem Beinamen Die Volksunion, herum, um
sich als Nachfolgepartei der NSDAP zu inszenieren und dennoch
irgendwie noch ein klein bisschen verfassungskonform zu sein.
Weiterhin, meist noch eingeschränkter in Raum und Denke, neuere
Formate wie Der Dritte Weg, Die Rechte, die Pro-Bewegung, Die
Freiheit und ähnlich wohlklingende Parteien, die sich meist als
wertkonservativ und oder gar liberal bezeichnen, klassischer Weise
jedoch recht illiberal, kriminell und schlichtweg Anti sind.
Hauptsache gegen das System scheint hier das Motto zu sein. Mit
derlei reaktionären sowie sozialrevolutionären Gedankenspielen wird
der eigentliche Konservative eher abgeschreckt.
Dann gibt es da neuerdings auch noch die sogenannte Alternative
für Deutschland. Die Marke AfD ergab sich aus der damaligen
Euro-Rettungspolitik, die durch Bundeskanzlerin Merkel durch den
Verweis auf die Alternativlosigkeit verteidigt wurde. Aus der
damaligen Professoren-Partei, die sich als Euro-Skeptiker und
DM-Nostalgiker konstituierten wurde im Zuge der Flüchtlingskrise
eine zunehmend rechtsradikale Partei. Der damalige Parteichef Lucke
ließ derartige Umtriebe nur zu gerne zu, garantierten sie doch ein
enormes Wählerpotenzial. Scheiterte die AfD bei der letzten
Bundestagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde, feiert sie derzeit
zweistellige Ergebnisse in Landtagswahlen. Der Richtungsstreit und
die Machtfrage drängte den ehrwürdigen Professor aus seiner eigenen
Partei, was ihn flugs dazu inspirierte eine neue zu gründen. ALFA
(Allianz für Fortschritt und Aufbruch) kommt nun doch nicht mehr so
lässig über die Zunge. Die Persilflage auf Merkels Regierungsstil
ist damit dahin und mobilisiert auch nicht mehr den einfach zu
begeisternden Protestwähler. Zusammenfassend hätte die AfD sich als
rechtsliberale Wirtschaftspartei etablieren können, freilich mit dem
Schicksal als kleine Randpartei ohne großen Einfluss, dafür
vielleicht etwas seriöser und von einem Konservativen potentiell
wählbar. Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und ein dezidiertes
Wertekonstrukt fehlen jedoch im aktuellen Kurs. Vielmehr versucht man
weiterhin mit gezielten Tabubrüchen und dem darauffolgenden Verweis,
man sei missverstanden oder falsch dargestellt worden, den
Protestwähler zu erreichen. Protestwahl ist jedoch nicht
konservativ.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen