Mittwoch, 20. Juli 2016

Trump for apocalypse?

Auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland geschah das, was vor etwa einen Jahr kaum jemand zu glauben wagte. Der populäre und umso umstrittene Unternehmer Donald J. Trump wurde als Kandidat für die Präsidentschaftswahl nominiert. 1725 Delegierte stimmten für den Milliardär, deutlich mehr als die notwendigen 1237.
Letzte verzweifelte Bemühungen, die Nominierung zu verhindern, scheiterten im archaischen Akklamationsverfahren, das die lautstärkste Fraktion zum Sieger kürt. Gegener von Trump wollten erreichen, dass die Delegierten im freien anstelle des gebundenen Mandats stimmen sollten. Hoffnung war hier Vater des Wunsches, realistisch war die Absicht ohnehin nicht.
Trump hatte bisher weder ein hohes politisches Amt inne, noch kann er diplomatisches Geschick oder militärische Fähigkeiten vorweisen. Ein Neuling im Geschäft unmittelbar an der Spitze der größten Volkswirtschaft und der potentesten Streitkräfte der Welt? Ist da der Untergang nicht vorprogrammiert?



Der Kongress
Das politische System der Vereinigten Staaten sieht ein ausgeklügeltes System der Checks and Balances vor. Das heißt, die Entscheidungsstrukturen sind so konzipiert, dass es unmöglich ist, Macht zu konzentrieren.
Der Präsident steht als Exekutive der Legislativen in Form des Kongresses entgegen, anders als etwa in Deutschland, wo die Exekutive sich aus der Mehrheit der Legislativen legitimiert, wodurch beides, der Bundestag als Legislative und die Regierung mit Kanzler als Exekutive, eng miteinander verbunden ist.
Der US-Kongress ist die maßgebliche Gesetzgebungsinstitution. Ebenso entscheidet er über die Staatsausgaben, was ihm eine enorme Macht verleiht. Im Rahmen des Impeachment-Verfahrens kann gar der Präsident seines Amtes enthoben werden. Das geschah zwar noch nie, lediglich Richard Nixon kam einem solchen Verfahren mit seinem Rücktritt zuvor, könnte aber bei etwaigen (strafrechtlichen) Fehltritten Trumps, wenn er gewählt werden würde, zum Tragen kommen. Eine Zweidrittelmehrheit ist hierfür notwendig.
Aus der Prämisse heraus, dass Exekutive und Legislative sich gegenseitig „belauern“, muss der Präsident ein Brückenbauer sein.


Die Parteien
Die Parteien spielen in den USA eine eher untergeordnete Rolle. Sie entwerfen keine Programmatiken und üben in den Parlamenten keinen Fraktionszwang aus. Sie sind zwangloser als ihre europäischen Pendants. Daraus ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf den politischen Prozess.
Zum einen sind Abgeordnete direkt ihrem Wählerklientel gegenüber verantwortlich. Entsprechend sind Abgeordnete bemüht, populäre Entscheidungen zu treffen, um eine Wiederwahl sicherzustellen. Damit einher geht jedoch auch, dass unbeliebte Vorhaben gemieden werden.
Zum anderen können sich Adhoc-Bündnisse leichter ergeben. Somit können etwa Interessen bezüglich der Landwirtschaft durch Vertreter der einzelnen Bundesstaaten unter Republikanern und Demokraten gleichermaßen verfolgt werden, während sie in einem anderen Punkt, wie der Einwanderungspolitik, gänzlich andere Meinungen vertreten. Durch Zugeständnisse in anderen Politikfeldern kann man weitere Volksvertreter für sich gewinnen.
Die Herausforderung des Präsidenten ist es, für seine Programmatik Mehrheiten zu organisieren. Formell benötigt er für Gesetzesvorlagen sogar einen Volksvertreter, da er selbst als Bestandteil der Exekutiven nicht am legislativen Prozess teilnehmen darf.


Der Präsident
Was kann Trump nun als Präsidenten gefährlich machen? Insbesondere seine Funktion als Oberbefehlshaber über die Streitkräfte kann verheerend sein. Zwar bestehen Kontrollrechte des Parlamentes, sodass ein Krieg nur durch den Kongress erklärt werden kann, dennoch kann der Präsident Truppen entsenden. Er muss den Kongress binnen zweier Tage informieren. Ohne weitere Genehmigung müssen die Soldaten innerhalb von 60 Tagen ihre Mission beenden.
Auch die Vertretung nach Außen kann den Amerikanern auf die Füße fallen, da Trump nicht für diplomatische Töne bekannt ist. Hier können viele Brücken eingerissen werden.
Des Weiteren ernennt der Präsident sein Kabinett, benötigt hierfür aber die Zustimmung des Kongresses. Dadurch kann er die politische Agenda durchaus steuern, dennoch wird er kaum seine vollmundigen Versprechen entgegen des Parlamentes durchsetzen können. Das sogenannte Establishment hat sich bereits gegen den Milliardär zumindest verbal positioniert. Die Macht des Parlamentes hat auch der amtierende Amtsinhaber zu spüren bekommen. Sein zentrales Anliegen, das Gefangenenlager im Navy-Stützpunkt Guantanamo zu schließen, wurde verhindert. Das brachte ihm viel Spott und vor allem Kritik ein. Auch seine Gesundheitsreform wurde erheblich blockiert und letztendlich verwässert. Politik qua Amtsautorität funktioniert in den USA nicht.

So wird es unter Umständen auch Trump ergehen. Wird er zum Präsident gewählt, wird er für diplomatische Verstimmungen sorgen. Das Land wird für eine Amtszeit faktisch stillstehen. Es steht eine Machtprobe zwischen den Gewalten bevor, nicht jedoch der verheerende Absturz oder gar der Weltuntergang, den manch ein Augur zu sehen vermag. Es heißt also gegebenenfalls: Entspannt zurücklehnen, Abwarten und Tee trinken.

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